Ort der Handlung: Passchendaele in Flandern, Schlachtfeld des ersten Weltkrieges, auf dem tausende englische Soldaten ihr Leben ließen. Die Zeit: 1920, zwei Jahre nach dem Ende des großen Gemetzels. Eine britische Kommission gräbt nach den halb verwesten Leichenteilen. Ein privater Beerdigungsunternehmer hat den Auftrag, einen Soldatenfriedhof anzulegen und die noch auffindbaren Überreste der Gefallenen in Einzelgräbern beizusetzen.
“Eine Million tote Engländer“, murmelt Mr Hacker, dessen Geschäft vom Tod der anderen lebt, “wo wir stehen, haben wir nicht Erde unter den Füßen, sondern Berge von Fleisch“. “Was ist das gegen die Bestattung einzelner Leichen? Für mich sind von nun an nur noch Kriege von Interesse“.
Der britische Kronprinz besucht die flandrische Schädelstätte, watet durch den Morast und übergibt sich. Eine elegante Dame ist mit ihrer Tochter von England angereist, um nach ihrem toten Sohn zu suchen und was von ihm übrig ist illegal in die Heimat zu verbringen. Zur Durchführung dieses Vorhabens bedient sie sich der Lüsternheit des Beerdigungsunternehmers, der ihr die nicht mehr identifizierbare Leiche eines Soldaten mit der Kennmarke ihres Sohnes beschafft und in einem äußerst gewagten Betrugsmanöver sogar dafür sorgt, daß der dümmliche Kronprinz bei der Wahl des sakrosankten Unbekannten Soldaten, der an der Seite von Königen in der Westminster Abtei beigesetzt wird, ausgerechnet die Nummer des verlorenen Sohnes der schönen Witwe trifft.
Zum übrigen Personal der makabren Ereignisse gehören der gerissene Komplize des Bestattungsunternehmers, ein leicht derangierter Verwaltungsbeamter, der über der Registratur der Toten den Verstand zu verlieren droht, sowie vier ehemalige Frontsoldaten, die den Boden nach den Überresten ihrer Kameraden durchwühlen müssen und, von seelischen Kriegsschäden gezeichnet, wie graue Gespenster in der verwüsteten Landschaft umherirren, Schlammbündel aus der Erde ziehen, sie nach Wertsachen durchsuchen und dann davontragen. Noch bevor ihr Auftrag zu Ende geht, werden sie von einem mysteriösen britischen Offizier wieder für die Armee im Feldzug gegen die rebellischen Iren abgeworben.
Howard Barkers abscheuliche Farce ‘Die Liebe eines guten Mannes’ rüttelt mit beispielloser Unverfrorenheit an den Götzen der morbiden Klassengesellschaft. Was vor wenigen Jahren noch als obszön verworfen, wegen seines revolutionären Inhalts und seiner unflätigen Sprache von der Zensur verboten und womöglich wegen Majestätsbeleidigung vor Gericht gestellt worden wäre, kann heute – wenn auch umtost vom Wehgeschrei empörter Sittenrichter – auf jeder Bühne des Landes unbehindert aufgeführt werden.
Das Publikum, das sich zur Londoner Premiere des neuen Barker-Stückes im Royal Court Theater einfand, reagierte gegenüber der satanischen Entlarvung vaterländischer Heuchelei und der grenzenlosen Gier der Geschäftemacher zum Ruhm von König und Vaterland mit erstaunlichem Gleichmut und schien die Flut von Verbalinjurien gegen die heiligen Kühe der Nation sichtlich zu genießen. Barkers Sprachwitz und dem vorzüglichen Spiel des Gastensembles aus Oxford ist es zu verdanken, daß die zur boshaften Karikatur verzerrten Vertreter der herrschenden Klasse als theatralische Figuren ihre Wirkung nicht verfehlen, selbst wo die sardonische Phantasie des Autors über alle realen Ziele hinausschießt.