Nordenglische Industrielandschaft, die Mündung des Flusses Tees, zwischen Stahlwerken und Chemiefabriken, die am Tage den Himmel trüben, in der Nacht ihn gespenstisch beleuchten – das ist der Schauplatz von Robert Holmans Stück ‘German Skerries’, das soeben im Londoner Bush Theatre uraufgeführt wurde. Die German Skerries sind eine Gruppe von Felsen im Mündungsgebiet des Flusses Tees. Zwei Vogelbeobachter, die den Bewegungen der letzten Kormorane und Austernfischer, die sich noch gelegentlich blicken lassen, mit verzückten Kinderaugen folgen, wie Geschenken der Natur, die Zivilisation mit unaufhaltsamer Gewalt zerstört.
Es ist die Szenerie für ein Stück, so scheint es, daß gegen die Vernichtung der natürlichen Umwelt protestiert, die zur Idylle reduzierte Natur vor dem Untergang bewahren möchte. Doch Holmans Protest bleibt leise und indirekt. Sein Stück konzentriert sich auf die Charaktere seiner Personen. Was an äußerer Handlung geschieht, hat Bedeutung nur, soweit es die Menschen betrifft, die wir vor uns sehen: einen jungen Arbeiter der nahen Metallfabrik, der weiterkommen möchte, sich eine Beförderung wünscht, doch nicht daran glaubt, daß er die Voraussetzungen dazu, nämlich die über das Grundschulniveau hinausgehende Fachausbildung, sich noch erwerben könne; seine junge Frau, die sein Ungenügen versteht, die Frustration im Beruf, den Drang hinaus aus der Enge der Verhältnisse, in denen sie leben, und die ihm Mut zur Veränderung macht; und ein älterer Lehrer, der dem Jungen vom Glück der Bescheidung spricht, der stillen Resignation des Alters, von dem Frieden mit einer Welt, die er zu lieben gelernt hat, so wie sie ist.
Was sich ausnimmt wie ein Stück über die verschwenderische Zerstörung der Umwelt durch Zivilisation, entpuppt sich als Studie über die Verschwendung menschlicher Möglichkeiten. Martin, der Lehrer, blieb im Netz der familiären Loyalitäten hängen, in der Enge seiner Herkunft, mit der er seinen Frieden machen mußte. Aus Jack, dem Arbeiter, spricht die verhaltene Wut über die unbegreifliche Verschwendung eines unentwickelten Potentials.
Dies alles wird indirekt vermittelt im Verlauf des Stückes, zwischen den äußeren Ereignissen, die den Frieden der Männer stören: Heiße Abwässer, die ins Meer gehen, bedrohen die Vogelwelt; bei einer Explosion der Heißwasserrohre wird einer der Taucher tödlich verletzt; die Arbeiter der Metallfabrik gehen in den Streik und setzen schließlich eine Verlegung der Rohre durch. Doch diese Ereignisse bleiben Hintergrund, ein Hintergrund freilich, der sich mitteilt als System der Bedingungen, unter denen die Menschen leben. Im Vordergrund steht das an den Personen selbst Beobachtete: Der Konflikt zwischen Alter und Jugend, zwischen Resignation und dem Drang nach Verwirklichung des Möglichen, der Konflikt zwischen Natur und Industriewelt.
Ein sehr stilles Stück, das keine plakativen Botschaften ausgibt, keine schrillen Proteste artikuliert und keine Lösungen anzubieten weiß, sondern das Zerstörerische der Zivilisation an den in den Menschen verinnerlichten Folgen studiert.
Chris Parrs Inszenierung im Bush Theatre braucht nicht mehr als eine kleine Holzhütte, ein Stückchen Grasland, ein paar Steine – und vier sensible Schauspieler, die hier mit bewundernswerter Ökonomie agieren und an diesem zarten, faszinierend unaufwendigen kleinen Schauspiel uns wieder einmal zeigen, was es in England mit der so oft gerühmten Kunst der subtilen realistischen Darstellung auf sich hat.